Indische Regierung vor deutlichem Sieg bei Marathon-Wahl

Indische Regierung vor deutlichem Sieg bei Marathon-Wahl

Eine Hand zeigt das Victory-Zeichen vor dem Parteigebäude der hindu-nationalistischen Regierungspartei Bharatiya Janata Party (BJP). Foto: Rajesh Kumar Singh/AP

Neu Delhi (dpa) - Indiens Premierminister Narendra Modi spaltet das Land mit seiner hindu-nationalistischen Politik. Dennoch zeichnet sich für ihn eine deutliche Wiederwahl ab. Es werden an einem Tag mehr Stimmen ausgezählt, als es Menschen gibt, die in der EU leben.

Indiens Regierungspartei BJP von Premierminister Narendra Modi steuert bei der Parlamentswahl in der bevölkerungsreichsten Demokratie der Welt auf einen deutlichen Sieg zu.

Die Hindu-Nationalisten lagen nach Zahlen der Wahlkommission in mehr als 300 Wahlkreisen entweder in Führung oder hatten sie gewonnen - und aus dem In- und Ausland gab es schon die ersten Glückwünsche. Die BJP käme damit auf eine deutliche Mehrheit der 545 Sitze im Unterhaus des Parlaments. Staatspräsident Ram Nath Kovind wird somit aller Voraussicht nach Modi für eine zweite fünfjährige Amtszeit erneut zum Regierungschef ernennen.

Die Stimmenauszählung war am Abend noch nicht abgeschlossen, es zeichnete sich aber die deutlichste Wiederwahl einer indischen Regierungspartei seit 1971 ab. Oppositionsführer Rahul Gandhi, Chef der jahrzehntelang regierenden Kongresspartei, gratulierte Modi bereits zu dessen Sieg. Das taten nach Angaben des indischen Außenministeriums außerdem einige Staats- und Regierungschefs, darunter der russische Präsident Wladimir Putin, Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und der pakistanische Premier Imran Khan.

Alle rund 600 Millionen Stimmen, die in etwa einer Million Wahllokale an elektronischen Geräten abgegebenen worden waren, sollten am Donnerstag ausgezählt werden - dazu gehörte auch ein Teil der Stimmen, der zur Kontrolle zudem auf Papier festgehalten worden war. Mit einem vorläufigen Endergebnis wurde bis Freitag gerechnet.

Indien ist mit etwa 1,3 Milliarden Einwohnern das zweitbevölkerungsreichste Land der Welt nach China. Rund 900 Millionen Menschen waren wahlberechtigt - mehr als die Bevölkerung der Europäischen Union und der USA zusammen. Es war in sieben Phasen über knapp sechs Wochen vom 11. April bis zum 19. Mai gewählt worden. Mehr als 8000 Kandidaten traten an, die Wahlbeteiligung lag bei rund 67 Prozent. Indien hat ein Mehrheitswahlsystem - jeder Parlamentssitz geht an die Partei, die in dem jeweiligen Wahlkreis die meisten Stimmen erhält.

Die BJP schnitt den vorläufigen Zahlen zufolge noch besser ab als bei der vorherigen Parlamentswahl im Jahr 2014. Damals hatte sie als erste Partei seit 30 Jahren eine absolute Mehrheit erreicht. Zusammen mit den übrigen Mitgliedern ihrer Parteienallianz NDA dürfte die Regierung künftig mit der Unterstützung von mehr als 60 Prozent der Abgeordneten rechnen können. Die Kongresspartei verbesserte sich, wie sich abzeichnete, kaum im Vergleich zu ihrem bislang schlechtesten Ergebnis vor fünf Jahren, als sie 44 Sitze gewann.

Die Wahl wurde als Referendum über Modi betrachtet. Seine populistische Politik spaltete das Land. Der 68-jährige Sohn eines Teeverkäufers vertritt die „Hindutva“-Bewegung, deren Anhänger eine Mehrheitsherrschaft der Hindus im laut Verfassung säkularen Indien wollen. In seiner Amtszeit kam es häufig zu Gewalt von Hindus gegen Muslime und andere Minderheiten. Außerdem wird Modis Wirtschaftspolitik kritisiert - unter anderem weil nicht annäherend die zehn Millionen neuen Arbeitsplätze pro Jahr entstanden, die er versprochen hatte.

Er gilt aber vielen als starker Macher, der Indien modernisiert. Modi profitierte auch von einer schwachen Opposition. Er betonte im Wahlkampf die nationale Sicherheit und stellte sich als Beschützer des südasiatischen Landes - vor allem gegen den Erzfeind Pakistan - dar. Kurz vor der Wahl war es beinahe zu einem Krieg der nuklear bewaffneten Nachbarn gekommen.

Unter den wahrscheinlichen neuen BJP-Abgeordneten war Pragya Singh Thakur, die der Mittäterschaft bei einer Serie von Bombenanschlägen auf Muslime im Jahr 2008 angeklagt ist. Thakur hatte vor wenigen Tagen damit für Schlagzeilen gesorgt, dass sie den Mörder des Nationalhelden Mahatma Gandhi einen Patrioten nannte.