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Koalition prüft Pflicht zur Masern-Impfung

Gesundheit

Montag, 25. März 2019 - 19:01 Uhr

von dpa

Berlin (dpa) - Eine Ansteckung mit Masern kann besonders für Kleinkinder schlimm ausgehen. In Deutschland gibt es keine Impfpflicht, immer wieder gibt es größere Ausbrüche - völlig unnötig, wie Fachleute meinen.

Angesichts der anhaltend hohen Zahl von Masern-Erkrankungen erwägt die große Koalition eine Impfpflicht für Kinder.

Die Gespräche darüber liefen noch, daher könne er keinen Sachstand in der Debatte wiedergeben, sagte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums in Berlin. Doch mache sich sein Haus große Sorgen über die Ausbreitung der ansteckenden Krankheit.

Rechtlich dürfte ein Zwang zur Masern-Impfung nicht leicht durchzusetzen sein. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hatte schon vor zwei Jahren auf verfassungsrechtliche Probleme hingewiesen. Die Experten schlossen aber die Möglichkeit, eine Impfpflicht für bestimmte Krankheiten durchzusetzen, nicht generell aus. In jedem Fall würde eine Impfpflicht einen Eingriff in das Elternrecht oder gegebenenfalls in die Religionsfreiheit bedeuten. Allerdings verbietet sich bei einigen Kindern auch aus medizinischen Gründen eine Impfung.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach zeigte sich dennoch zuversichtlich, „dass wir demnächst einen entsprechenden Vorschlag vorlegen können“. Er sei mit Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Gespräch, sagte der SPD-Fraktionsvize dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Grünen stehen einer Impfpflicht sehr skeptisch gegenüber. Statt auf Zwang und Sanktionen zu setzen, müsse man das Vertrauen in eine gute Beratung stärken und auf Verunsicherungen eingehen, sagte die Grünen-Gesundheitsexpertin Kordula Schulz-Asche dem RND (Montag).

Das Gesundheitsministerium begrüßt die neuerliche Debatte über eine Impfpflicht gegen Masern. Der Sprecher erinnerte daran, dass bereits in der vergangenen Legislaturperiode einige verschärfte Regeln beschlossen wurden, darunter eine verpflichtende Impfberatung für Eltern, die ihre Kinder in Kitas schicken wollen. Man wolle jetzt schauen, wie diese Maßnahmen aufgenommen würden.

Die Thüringer Landesärztekammer hält diese Beratungspflicht für nicht ausreichend. Sie argumentierte, wenn sich eine verpflichtende Schutzimpfung von Kindern gegen Masern nicht umsetzen lasse, sei als Minimalkompromiss zumindest eine Impfpflicht für Kinder in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten und Schulen erforderlich.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, nannte es besonders erschreckend ist, dass über vier Prozent der Kinder nicht die notwendige zweite Masernimpfung erhalten. Deutschland liegt hier deutlich unter der WHO-Quote.

Dem Robert-Koch-Institut wurden 2018 die Daten von 543 Masern-Fällen übermittelt. Seit Anfang dieses Jahres wurden unter anderem in Niedersachsen zahlreiche Erkrankungen registriert. In Hildesheim durften 80 Schüler wegen fehlenden Masern-Impfschutzes zuletzt zwei Wochen lang nicht in die Schule gehen, an zwei weiteren Schulen müssen neun Kinder ohne ausreichenden Impfschutz noch bis zum 1. April zu Hause bleiben.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte im Januar berichtet, dass im Jahr 2017 weltweit die Zahl der Masern-Fälle um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestiegen ist. Zu einem Anstieg kam es demnach zuletzt auch in der WHO-Region Europa: Im Jahr 2017 seien dort 23.927 Menschen erkrankt - 2016 waren es nur 5273. Masern sind hochgradig ansteckend und können noch Jahre später zu potenziell tödlichen Hirnentzündungen führen.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) appelliert an Eltern, ihre Kinder impfen zu lassen. Notfalls müsse man über eine gesetzliche Pflicht zur Impfung nachdenken. „In den Praxen der niedergelassenen Ärzte häufen sich zurzeit Fälle von Masern. Sowohl aus medizinischer als auch ethischer Sicht ist es zwingend geboten, die Impfraten zu erhöhen“, mahnte der Vorstandsvorsitzende der KBV, Andreas Gassen. „Eltern, die ihre Kinder nicht impfen lassen, gefährden damit nicht nur die Gesundheit ihres eigenen Kindes. Sie gefährden auch diejenigen, die nicht geimpft werden können, etwa Babys unter einem Jahr.“

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