Politik Inland

Proteste vor Kreistag in Mecklenburg-Vorpommern

Grevesmühlen

Freitag, 27. Januar 2023 - 13:30 Uhr

von dpa

Vor dem Sitzungsgebäude des Kreistages von Nordwestmecklenburg kamen nach Polizeiangaben am Donnerstag 700 Menschen zusammen. Foto: Malte Behnk/Ostsee-Zeitung /dpa

Grevesmühlen (dpa) - Nach den tumultartigen Protesten vor dem Sitzungsgebäude des Kreistages in Grevesmühlen gegen die Entscheidung zum Bau einer Flüchtlingsunterkunft hat die Polizei vier Strafverfahren eingeleitet. Bei dem Kreistag ging es um eine neue Flüchtlingsunterkunft, die in Upahl bei Grevesmühlen im Nordwesten von Mecklenburg-Vorpommern entstehen soll.

Es wird wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz in zwei Fällen und je einmal wegen schweren Hausfriedensbruchs und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz ermittelt, sagte eine Polizeisprecherin am Freitag. Die Zahl der Tatverdächtigen sei noch nicht geklärt, hieß es. So werde unter anderem noch Filmmaterial ausgewertet, zudem müssen Zeugen befragt werden. 

Anlass der Ermittlungen war eine Protestversammlung mit rund 700 Menschen, aus der heraus Teilnehmer versuchten, gewaltsam in den Kreistagssaal zu kommen. Etwa 120 Beamte mussten die Kreistagsteilnehmer abschirmen und verhinderten dies bei aufgeheizter Stimmung. Einzelne hätten mit Vermummungen gegen das Versammlungsrecht verstoßen, Andere sollen Pyrotechnik und Nebeltöpfe geworfen haben.

Der Kreistag hatte auf seiner Sondersitzung am Abend dann dem Bau der Flüchtlingsunterkunft Upahl zugestimmt. Dort sollen bis zu 400 Menschen in einem Containerbau auf einem Kreis-Grundstück in einem Gewerbegebiet untergebracht werden. Der Bau soll im März beginnen. Kritiker bemängelten, dass die Flüchtlinge zu weit außerhalb einer Stadt und damit vieler Anlaufstellen in einem kleinen Dorf untergebracht werden sollen. 

Das Internationale Auschwitz Komitee sieht den tumultartigen Protest gegen eine Flüchtlingsunterkunft während einer Kreistagssitzung in Grevesmühlen als von Rechtsradikalen gekapert an. „Die gestrige Demonstration in Grevesmühlen belegt einmal mehr, wie derzeit Rechtsextreme versuchen, zum Hass aufzurufen und die Demokratie zu attackieren“, sagte der Exekutiv-Vizepräsident des Komitees, Christoph Heubner, am Freitag. Die Bilder erinnerten ihn an die versuchte Erstürmung des Reichstagsgebäudes oder den Angriff auf das Kapitol in Washington.

Bezugnehmend auf den Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 fügte er an: „Gerade am heutigen Gedenktag für die Opfer des Holocaust sollten alle Demokratinnen und Demokraten verstehen, dass sich Rechtsextreme in aller Welt in ihrem Hass und ihrer Gewaltbereitschaft gegenseitig motivieren und radikalisieren.“

© dpa-infocom, dpa:230127-99-377664/4

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