Schwerin: Landesverfassungsschutz-Chef Müller entlassen

Schwerin: Landesverfassungsschutz-Chef Müller entlassen

Michael Müller (SPD, M), Regierender Bürgermeister von Berlin, und Edgar Franke (SPD), Opferbeauftragter der Bundesregierung, legen bei einer Gedenkfeier am vierten Jahrestag des islamistischen Anschlags auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz Kerzen nieder. Foto: Christoph Soeder/dpa

Schwerin (dpa) - Das Agieren des Landesverfassungsschutzes bei der Aufklärung des Terroranschlags auf den Berliner Weihnachtsmarkt sorgte bundesweit für Kritik. Zudem soll die Behörde unberechtigt Waffen gelagert haben. Nun leitet Innenminister Renz einen „Neuanfang“ ein. Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Torsten Renz (CDU) hat den Leiter des Landesverfassungsschutzes, Reinhard Müller, in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

Damit zog Renz am Mittwoch erste personelle Konsequenzen aus dem Agieren der Behörde unter anderem im Zusammenhang mit Informationen zum Berliner Weihnachtsmarkt-Attentäter Anis Amri. Als Müllers Nachfolger an der Spitze des Verfassungsschutzes berief Renz den 54-jährigen Kriminalbeamten Thomas Krense. Zudem soll eine hochkarätig besetzte Kommission Strukturen und Abläufe im Nachrichtendienst untersuchen.

„Der Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommerns ist für mich ein wesentlicher Grundpfeiler in der Sicherheitsarchitektur unseres Landes“, betonte Renz. Doch hätten jüngste Vorkommnisse in der Behörde Anlass zu Kritik gegeben. So seien nach dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz Ende 2016 wichtige Hinweise nicht an die zuständigen Bundesbehörden weitergeleitet worden. Zudem habe der Verfassungsschutz über Jahre hinweg eine Schrotflinte und eine Dekorationswaffe aufbewahrt. Über beides sei die Spitze des Ministeriums nicht unterrichtet worden.

„Die Kritik zu diesen Sachverhalten ist berechtigt. Das Vertrauen in den Verfassungsschutz wurde erschüttert“, konstatierte Renz. Deshalb verordne er der Behörde einen Neuanfang. Dazu würden nun auch die Vorfälle mit Hilfe externer Fachleute aufgearbeitet. Bereits für Mitte Mai erwarte er den Bericht der vom Hamburger Verfassungsschutzchef Torsten Voß geleiteten vierköpfigen Kommission. Laut Renz wird auch die Stellvertreterstelle beim Verfassungsschutz neu besetzt. Dafür werde es eine bundesweite Ausschreibung geben.

Müller hatte eingeräumt, dass eine V-Mann-Aussage zum möglichen Umfeld des islamistischen Terroristen Amri Anfang 2017 nicht sofort an zuständige Ermittler in Berlin und im Bund weitergereicht worden waren. Die Angaben seien seinerzeit als nicht glaubwürdig eingestuft worden, hieß es zur Begründung.

Der Tunesier Amri hatte am 19. Dezember 2016 in Berlin einen Lastwagenfahrer erschossen und war dann mit dessen Fahrzeug über den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche gerast, wo er elf Menschen tötete. Frühere Mitarbeiter des Verfassungsschutzes in Mecklenburg-Vorpommern hatten im Amri-Untersuchungsausschuss des Bundestags ausgesagt, Vorgesetzte hätten Hinweise eines Informanten auf mögliche Helfer Amris aus dem Berliner Clan-Milieu nicht an die ermittelnden Polizisten weitergeben wollen.

Der Informant hatte angeblich im Februar 2017 in Berlin mitgehört, dass Amri bei der Vorbereitung des Anschlags und seiner anschließenden Flucht Unterstützung von einer Berliner Familie mit arabischen Wurzeln erhalten haben soll. Generalbundesanwalt Peter Frank sagte, er hätte es für richtig gehalten, wenn das Bundeskriminalamt und seine Behörde damals sofort informiert worden wären. Erst 2019 war die Information dort angekommen, weil sich ein V-Mann-Führer selbst an die Bundesbehörden gewandt hatte. Das Agieren des Verfassungsschutzes Mecklenburg-Vorpommerns war im Bundestag und auch im Schweriner Landtag auf scharfe Kritik gestoßen.