Urteil im Köthen-Prozess löst Tumult im Gerichtssaal aus

Urteil im Köthen-Prozess löst Tumult im Gerichtssaal aus

Während der Urteilsverkündung kam es zu Tumulten im Saal. Die Familie des Toten reagierte aggressiv auf die Verkündung des Strafmaßes für die beiden Angeklagten. Foto: Hendrik Schmidt

Dessau-Roßlau (dpa) - Acht Monate ist es her, dass der Fall die Kleinstadt Köthen in Aufruhr versetzte. Ein 22-Jähriger stirbt nach einem nächtlichen Streit auf einem Spielplatz. Zwei junge Männer sind nun wegen der Attacke verurteilt worden.

Rund acht Monate nach dem Tod eines herzkranken 22-Jährigen bei einem Streit in Köthen hat das Landgericht Dessau-Roßlau die beiden Angeklagten verurteilt. Das Gericht sprach die 17 und 19 Jahre alten Afghanen wegen Körperverletzung mit Todesfolge an dem Köthener für schuldig.

Der Tod sei kein bloßer Unfall gewesen, sondern sei durch die Körperverletzung der Angeklagten fahrlässig verursacht worden, begründete die Vorsitzende Richterin Uda Schmidt die Entscheidung. Das Verhalten der jungen Männer zeuge von fehlender Achtung vor dem menschlichen Leben. Die Staatsanwaltschaft war zum Schluss des Prozesses nur noch von gefährlicher Körperverletzung ausgegangen.

Das Gericht verhängte gegen den jüngeren Angeklagten eine Jugendstrafe von einem Jahr und fünf Monaten wegen der Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Bei dem Älteren wurde ein vorangegangener Angriff auf einen Landsmann im Streit um eine Vaterschaft sowie der länger zurückliegende Diebstahl einer Flasche Rum einbezogen. Der 19-Jährige wurde zu einem Jahr und acht Monaten Jugendstrafe verurteilt und soll wegen seiner Alkoholabhängigkeit in eine Entzugsanstalt.

Während der Urteilsverkündung kam es zu Tumulten im Saal. Die Familie des Toten reagierte aggressiv auf die Verkündung des Strafmaßes für die beiden Angeklagten. Ein Bruder des Toten warf einen Tisch um, eine Schwester schrie. Justizbeamte griffen ein und die Angeklagten wurden kurzzeitig aus dem Raum geführt.

Die beiden verurteilten Männer sitzen seit rund acht Monaten in Untersuchungshaft, der Haftbefehl gegen sie bleibe aufrecht erhalten, sagte Richterin Schmidt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der Fall hatte im Herbst vorigen Jahres wochenlang rechtsgerichtete Demonstrationen und Gegenproteste ausgelöst und war bundesweit wahrgenommen worden.

Der schwer herzkranke Mann war am 8. September 2018 nach einem handgreiflichen Streit auf einem Spielplatz gestorben. Laut Rechtsmedizin erlag er einem Herzinfarkt. Die Experten stellten keine Verletzungen fest, die von schweren Schlägen oder Tritten herrühren. Das Gericht ging aufgrund von Zeugenaussagen davon aus, dass der zum Tatzeitpunkt 18 Jahre alte Afghane dem 22-Jährigen einen heftigen Stoß gegen den Brustkorb versetzte. Der Köthener fiel um, ohne sich abzustützen. Als er reglos auf der Straße lag, trat der jüngere Angeklagte ihm von oben mit dem Fuß „stampfend, aber nicht kraftvoll“ auf das Gesicht.

Mit Blick auf diese Erkenntnisse stufte die Staatsanwaltschaft den Vorwurf zuletzt nur noch als gefährliche Körperverletzung ein und forderte Jugendstrafen. Die Angeklagten hätten nicht mit der schweren Herzerkrankung ihres Gegenübers und den schwerwiegenden Folgen rechnen können. Auch die Verteidigung argumentierte, der Tod des 22-Jährigen könne nicht den Angeklagten zugerechnet werden und forderte Freispruch von diesem Vorwurf.