Kultur

Jubel, Misstrauen, Hass: Polit-Punks Feine Sahne Fischfilet

Samstag, 24. August 2019 - 11:01 Uhr

von Von Werner Herpell, dpa

Jan „Monchi“ Gorkow, Sänger von Feine Sahne Fischfilet, tritt beim Open-Air Konzert der Politpunkband „Feine Sahne Fischfilet“ in der Zitadelle Spandau auf. Foto: Christoph Soeder

Berlin (dpa) - Feine Sahne Fischfilet sind eine der populärsten deutschen Rockbands. Die sechs Musiker um Frontmann „Monchi“ beziehen politisch klar Stellung. Vom Verfassungsschutz werden sie misstrauisch beäugt und von Rechten bedroht. Ein etwas anderer Konzertbericht.

natürlich spielen sie irgendwann „Wut“.

Also den Song, der einer der erfolgreichsten deutschen Rockbands bei Verfassungsschützern den Ruf einbrachte, eine gar nicht auf Harmonie bedachte „linksextremistische Musikgruppe“ zu sein. „Niemand muss Bulle sein!“ und „Das Martinshorn in meinen Ohren nervt“, singt Frontmann Jan „Monchi“ Gorkow. Doch nicht einmal ein Hauch von Gewalt oder gar Revolution liegt in der Luft. Die Stimmung ist entspannt beim Konzert im ausverkauften Areal der Zitadelle Spandau. Viele Besucher tragen T-Shirts mit dem Aufdruck „Niemand muss nüchtern sein“.

Der Berlin-Gig - kurz vor gegensätzlichen Demos in Dresden und Chemnitz am Wochenende - spiegelt die komplizierte Gemengelage rund um diese populären Polit-Punks, die seit ihrem Durchbruch mit dem Album „Bleiben oder Gehen“ (2015) in die erste deutsche Rock-Liga gehören: geliebt von den Fans, misstrauisch beäugt von staatlichen Behörden, verhasst im rechten Lager.

Wirklich bedrohlich wirkt, was die sechs jungen Musiker aus Mecklenburg-Vorpommern zwei Tage zuvor erlebt hatten. „Was reimt sich auf Zyklon B? Feine Sahne Fischfilet“ steht auf einem Plakat, das die Band auf ihrem Weg zum Open-Air-Konzert in Dresden empfängt. In den sozialen Netzwerken kontert die Band: „"Selbst die #besorgtenbürger begrüßen uns herzlichst in Dresden! #danke, #sachsen #bockaufskonzert“.

Monchi sagt dazu später im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur: „Wir drehen die Dinge mit Ironie ein Stück weit um.“ Aber natürlich habe man auch mal „Schiss“. Der Sänger räumt ein: „Wenn Du morgens aufwachst, und da tritt ein solches Spruchband auf Dich ein, das also auf den Holocaust anspielt - dann ist das räudig. Aber wir kennen sowas ja schon. Die Grenzen fallen.“

Die Band engagiert sich seit langem gegen „die Faschos“. Im rechtsextremen und rechtspopulistischen Lager werden Feine Sahne Fischfilet massiv angefeindet. So hatte die AfD vor kurzem - am Ende vergeblich - versucht, das Berliner Konzert zu verhindern.

„Unser Umgang damit ist: sich nicht davon fertigmachen zu lassen“, sagt Monchi. „Wir haben dafür auch ein Lied: „Angst frisst Seele auf““. Den Mutmacher-Song spielen sie derzeit besonders gern: „Wenn alle mutlos sind/Halten wir uns fest/Komm schlag zurück/Denn Angst frisst Seele auf.“

Allerdings bleiben die Angriffe von Rechtsaußen „natürlich nicht verbal“, sagt der mit wuchtigem Körperbau gesegnete Frontmann von Feine Sahne Fischfilet. „Es gibt immer wieder eklige Situationen, mit Buttersäure gegen den Proberaum und so. Wir sind aber selbst keine Unschuldslämmer, wir haben eine große Fresse und wundern uns daher nicht.“

Für ihr Engagement erhielt die Band viel Anerkennung - etwa vom heutigen Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD). Es folgten Auszeichnungen wie der „Preis für Popkultur“ (2017) für ihre Anti-Rechtsruck-Kampagne („Noch nicht komplett im Arsch“). Vor einem Jahr traten die Musiker beim Konzert „#wirsindmehr“ nach den rechtsextremen Ausschreitungen im sächsischen Chemnitz auf.

In Berlin spielt die Polit-Punkrockband nun Stücke ihres Erfolgsalbums „Sturm & Dreck“, das im Vorjahr Platz 3 der deutschen Charts erreicht hatte, aber auch älteres Material (und eine tolle Version des Punkrock-Klassikers „London Calling“ von The Clash). Ein Schülerchor begleitet eines ihrer Lieder.

Oft geht es in den Texten um Freundschaft und Solidarität, ums gemeinsame Saufen oder auch mal um Liebe. Monchi erzählt im Konzert von seinen Erlebnissen an der syrischen Grenze, er verurteilt „die Faschos“ von der Terrororganisation Islamischer Staat. Seinen Eltern widmet er ein euphorisches Lied: „Sollte ich mal Kinder haben/Will ich so sein wie ihr.“ Kein typischer Punk.

Zugleich sind Feine Sahne Fischfilet „beim Staatsschutz“ kein unbeschriebenes Blatt. So wurde die Band vor einigen Jahren im Verfassungsschutzbericht von Mecklenburg-Vorpommern erwähnt - unter Hinweis auf Gewaltaufrufe gegen Polizisten. Zuletzt sah der sächsische Verfassungsschutz im Mai „extremistische Agitation“. Da gebe es „kein Wackeln“, so etwas müsse beobachtet werden, bestätigt der Behördensprecher in Dresden auf dpa-Anfrage.

Monchi sagt dazu: „Sachsen ist das Land, das uns gerade erst wieder in den Verfassungsschutz-Bericht geschrieben hat - wegen des „#wirsindmehr“-Konzerts. Von so einer Behörde will ich auch gar nicht gemocht werden.“

Feine Sahne Fischfilet, diese Rockband von sehr schnell sehr populär gewordenen linken Musikern aus der nordostdeutschen Provinz - sie halten dagegen. „Taten sagen mehr als Worte“, meint Monchi. „Es gibt auch in den Kleinstädten viele Menschen, die sich gegen den Rechtsruck stellen - an deren Seite stehen wir.“

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