Wirtschaft

Coronavirus könnte Aufschwung bei Konjunktur verzögern

Samstag, 22. Februar 2020 - 13:51 Uhr

von dpa

Export-Container im Hamburg Hafen. Volkswirten zufolge könnte die deutsche Industrie unter Lieferengpässen in Folge des Coronavirus aus China noch mehr leiden. Foto: Christian Charisius/dpa

Nürnberg (dpa) - Die Konjunktur in Deutschland ist schon seit fast einem Jahr zweigeteilt: Dienstleistungen boomen, die Industrie schwächelt. Nun könnte sich vor allem das Leiden der Exporteure verlängern. Das liegt an einer aktuellen Entwicklung.

Der Ausbruch des Coronavirus in China könnte eine Erholung der Konjunktur in Deutschland und neue Impulse für den Arbeitsmarkt verzögern. Davon gehen Volkswirte führender deutscher Finanzinstitute aus, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.

„Die Frühjahrsbelebung fällt erwartungsgemäß schwach aus“, sagte Marc Schattenberg von der Deutschen Bank. Seine Kollegin Katharina Utermöhl von der Allianz-Gruppe hält sogar ein leichtes Schrumpfen der Wirtschaftsleistung im ersten Quartal für möglich. Für das Gesamtjahr sieht sie nur noch ein Wachstum von 0,5 Prozent.

Allerdings werde die Zahl der Arbeitslosen im Februar zurückgehen. Schattenberg und Utermöhl rechnen saisonbereinigt mit einem Rückgang um 5000 auf 2,272 Millionen Menschen bundesweit. Der Beschäftigungsaufbau spiele sich aber ausschließlich im Dienstleistungssektor ab, sagte Utermöhl.

Die Industrie kranke noch immer und könnte unter Lieferengpässen in Folge des Coronavirus aus China noch mehr leiden. „Das ist ein Nackenschlag für die Erholung der Konjunktur“, sagte Schattenberg. Ein Ende der konjunkturellen Talsohle, das eigentlich im ersten Quartal 2020 erwartet worden war, könnte sich somit bis ins zweite oder dritte Quartal verzögern.

Insgesamt sehen die Volkswirte die konjunkturelle Situation in Deutschland schwieriger als noch vor wenigen Monaten. „So gut wie alle Frühindikatoren zeigen abwärts“, sagte Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Allerdings gebe es auch keine akuten Einbrüche zu befürchten. Das Wachstum sieht er nur noch bei 0,4 Prozent für das Gesamtjahr.

„Die Konjunkturschwäche kommt zunehmend am Arbeitsmarkt an“, betonte die Chefvolkswirtin der Bankengruppe KfW, Fritzi Köhler-Geib. Das Gesundheitswesen, der Immobiliensektor und der Bereich Information und Kommunikation wiesen weiter die größten Beschäftigungsgewinne aus. Vom Arbeitsplatzabbau besonders betroffen seien dagegen Beschäftigte von Zeitarbeitsunternehmen.

Bei Zeitarbeitern habe es Ende 2019 rund 80.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte weniger als im Vorjahr gegeben - das entspreche einem Rückgang um zehn Prozent. Der private Konsum bleibe stabil, sagte Köhler-Geib. „Das ist der Entwicklung bei den Reallöhnen zu verdanken.“ Diese seien 2019 um zwei Prozent gestiegen.

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