Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Ein Kunstwerk des Straßenkünstlers TvBoy auf einem Panzer zeigt eine Taube mit einem Olivenzweig. Foto: Efrem Lukatsky/AP/dpa

Kiew/Brasília/Paris (dpa) - Brasiliens neuer Präsident Luiz Inácio Lula da Silva hat sich beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine eingesetzt. Einer von Deutschland gewünschten Munitionslieferung für den von der Ukraine eingesetzten Flugabwehrpanzer Gepard erteilte er am Montagabend (Ortszeit) dagegen eine klare Absage. Aus Paris und Washington kamen derweil unterschiedliche Signale zur möglichen Lieferung von Kampfjets an Kiew. Aus den USA kam ein klares „nein“.

Das US-Militär brachte unterdessen die erst kürzlich der Ukraine zugesagten Schützenpanzer Bradley auf den Weg. Die Lieferung mit mehr als 60 Bradleys habe vergangene Woche die Küste von South Carolina verlassen, teilte das Militär in der Nacht zu Dienstag mit. Frankreich und Australien sagten der Ukraine unterdessen die gemeinsame Lieferung von Artilleriemunition zu.

„Brasilien ist ein Land des Friedens. Und deswegen will Brasilien keinerlei Beteiligung an diesem Krieg - auch nicht indirekt“, sagte Lula auf einer Pressekonferenz mit Scholz in Brasília am Montag (Ortszeit) zur Begründung der Absage an Scholz. Stattdessen sei es notwendig, „eine Gruppe von Ländern zu bilden, die stark genug ist und respektiert wird, und sich mit den beiden an einem Verhandlungstisch zusammensetzt.“ Als mögliche Vermittler nannte Lula Brasilien und China.

Deutschland hat 30 Gepard-Flugabwehrpanzer in die Ukraine geliefert und sieben weitere zugesagt. Die Munition dafür ist allerdings knapp. Eine neue Fabrik des Rüstungsunternehmens Rheinmetall für die Herstellung dieser Munition entsteht zwar derzeit in Niedersachsen. Die Fertigung soll aber erst im Juni beginnen. Jetzt steht fest, dass aus einer Übergangsversorgung aus Brasilien nichts wird.

Die USA werden der Ukraine nach Aussage von Präsident Joe Biden keine F-16-Kampfjets liefern. Auf die Frage einer Reporterin: „Werden die USA der Ukraine F-16 zur Verfügung stellen?“, antwortete Biden am Montag in Washington mit „Nein“. Bislang hatte es geheißen, dass die US-Regierung kein bestimmtes Waffensystem ausgeschlossen habe und die Unterstützung nach dem ausrichte, was die Ukraine brauche. Man werde das „sehr sorgfältig diskutieren“, hatte es noch am Freitag geheißen.

Der französische Präsident Emmanuel Macron dagegen schließt die Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine nicht grundsätzlich aus. „Prinzipiell ist nichts verboten“, sagte er am Montag in Den Haag auf die Frage, ob Frankreich möglicherweise Jets an die Ukraine liefern werde. Macron stellte allerdings einige Bedingungen, anhand derer die ukrainischen Anfragen von Fall zu Fall geprüft würden: Zunächst müsse Kiew eine „offizielle Anfrage“ stellen. Außerdem dürften die Waffen nicht eskalierend wirken und keinen russischen Boden berühren, sondern lediglich zur Abwehr benutzt werden. Auch dürfe die französische Armee durch Waffenlieferungen nicht geschwächt werden.

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, pochte derweil nach der Kampfpanzer-Zusage auf die Lieferung auch von Kampfflugzeugen an sein Land. „Wir haben Deutschland noch keine Anfrage wegen Kampfjets gestellt“, sagte Makeiev der Deutschen Welle. Doch sie seien wichtig, weil man sie dafür benötige, um russische Raketen abzuschießen. „Russland feuert viele Raketen auf ukrainische Städte und Infrastruktur ab“ - die Kampfjets seien Teil der ukrainischen Bemühungen, den Luftraum zu verteidigen.

Knapp ein Jahr nach Kriegsbeginn hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Notwendigkeit eines vollständigen Sieges seines Landes bekräftigt. „Der russische Terror muss überall und in jeder Hinsicht verlieren: sowohl auf dem Schlachtfeld als auch insofern, dass in unserem Land keine einzige Ruine übrig bleibt“, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache am Montag. „So dass wir alles wiederaufbauen und damit beweisen können, dass die Freiheit stärker ist.“

Frankreich und Australien wollen der Ukraine zur Abwehr des russischen Angriffskriegs gemeinsam Artilleriemunition liefern. Es handele sich um von der Ukraine dringend benötigte 155-Millimeter-Munition, teilte das französische Außenministerium mit. Die für Artilleriegeschütze bestimmte Munition kann unter anderem zum Beschuss von Panzern eingesetzt werden. Es handele sich um mehrere Tausend Geschosse, die die Verteidigungsindustrien beider Länder gemeinsam fertigten.

Die Ukraine macht zugleich mit schweren Vorwürfen weiter Druck auf das Internationale Olympischen Komitee (IOC), Russland und Belarus wegen des Krieges nicht zu internationalen Wettbewerben zuzulassen. „Das IOC ist ein Promoter von Krieg, Mord und Zerstörung. Das IOC schaut mit Freude der Russischen Föderation zu, wie sie zerstört und bietet ihr dann eine Plattform an, um Völkermord zu promoten und ermutigt sie zum weiteren Töten“, schrieb Mychajlo Podoljak, Berater im ukrainischen Präsidentenbüro, auf Twitter.

An IOC-Präsident Thomas Bach gewandt fügte er hinzu: „Offensichtlich hat russisches Geld, das die olympische Heuchelei kauft, nicht den Geruch von ukrainischem Blut. Richtig, Herr Bach?“ Ein IOC-Sprecher wies wenig später „diese und andere diffamierende Äußerungen aufs Schärfste zurück“.

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