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Videokonferenzen: Wie man die CO2-Bilanz verbessern kann

Donnerstag, 18. Februar 2021 - 10:36 Uhr

von Von David Hutzler, dpa

Eine US-Studie geht davon aus, dass die Internetnutzung zuhause im Zuge der Corona-Pandemie um bis zu 40 Prozent gestiegen ist. Foto: Fabian Strauch/dpa

Berlin (dpa) - Im Lockdown steigt der Datenverkehr enorm an. Und damit rückt auch der CO2-Ausstoß durch Videokonferenzen, Streaming und Co. in den Fokus. Forscherinnen erklären, wie man gegensteuern kann. Meetings, Familientreffen, der Spieleabend mit Freunden - das alles findet seit einem knappen Jahr vorwiegend per Videokonferenz statt. Und wer den Lockdown-Blues schiebt, lenkt sich mit einem abendlichen Netflix-Marathon ab.

Eine Begleiterscheinung dieser Entwicklung ist die Debatte um die Umweltfolgen von Streaming und Co. Doch wie groß ist der ökologische Fußabdruck wirklich? Und wie lässt sich gegensteuern?

Datenverkehr steigt

Die Zahlen sind zunächst schwindelerregend. 32 Exabyte Datenverkehr - also 32 Trillionen Byte - wurden im Jahr 2020 am nach eigenen Angaben weltgrößten Internetknoten DE-CIX in Frankfurt gemessen. Das entspreche einem acht Millionen Jahre andauernden Video-Anruf, heißt es von dort. Insbesondere in den Bereichen Homeoffice, Streaming und Videospiele seien die Datenmengen gestiegen. Und im März 2020 wurde mit 9 Terabit Datendurchsatz pro Sekunde ein Rekord verzeichnet - der im November mit 10 Terabit pro Sekunde nochmal übertroffen wurde. Das hat Folgen.

In einer Modellstudie haben US-Forscher berechnet, dass die weltweite Internetnutzung zuhause im Zuge der Corona-Pandemie um 15 bis 40 Prozent gestiegen ist. Der damit verbundene zusätzliche Energieaufwand in den Rechenzentren und für die Datenübertragung sei für bis zu 3,2 Millionen zusätzliche Tonnen CO2-Äquivalente verantwortlich, heißt es in der im Januar erschienen Studie „The overlooked environmental footprint of increasing Internet use“. Das ist mehr, als ein Land wie Montenegro pro Jahr ausstößt (Stand 2016).

Wen nun beim Serien-Marathon das schlechte ökologische Gewissen plagt, für den haben die Autorinnen und Autoren konkrete Tipps parat. Würde man etwa vier Stunden lang Videos in HD-Qualität pro Tag streamen, entspräche das einem monatlichen Ausstoß von 53 Kilogramm CO2-Äquivalenten. Wer von HD- auf Standard-Qualität wechsle, drücke diesen Wert auf 2,5 Kilogramm - und spare etwa soviel ein, wie 150 Kilometer Autofahrt ausmachten.

Auch für die täglichen Videokonferenzen hat die Studie Zahlen parat. Wer beispielsweise 15 Meetings von einer Stunde pro Woche habe, komme auf einen monatlichen Ausstoß von 9,4 Kilogramm. Mit ausgeschaltetem Video sinke dieser Wert auf 377 Gramm. Die eingesparten Emissionen seien etwa mit denen vergleichbar, die entstünden, wenn man ein Smartphone für über drei Jahre jede Nacht auflade.

Übertragungswege entscheidend

Wichtig ist, dass es sich dabei um einen globalen Mittelwert handelt. Davon auf einzelne Länder wie Deutschland zu schließen, sei jedoch schwierig, sagt die an der Studie beteiligte Umweltingenieurin Renee Obringer. „Es kann sein, dass Sie mit einem Server in China oder den USA verbunden sind, wenn Sie in Berlin ein Video online ansehen.“ Es mache jedoch einen Unterschied, wie der Strommix in einzelnen Ländern zusammengestellt sei und wie modern die Übertragungssysteme seien.

Nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) sind insbesondere die Übertragungswege zentral. Ein Videostream in HD-Qualität per Glasfaserkabel sei mit knapp zwei Gramm CO2-Ausstoß pro Stunde etwa 50 mal effizienter als eine Übertragung per UMTS, also dem G3-Datennetz. „Bei Glasfaser hat man unterwegs kaum Verluste“, erklärt Marina Köhn. Sie leitet das Forschungsvorhaben „Green Cloud-Computing“ des UBA in Kooperation mit dem Fraunhofer IZM. Das liege daran, dass größere Datenmengen per Glasfaser über eine größere Distanz ohne Verstärkung übertragen werden können. Der Anteil der Rechenzentren an der CO2-Bilanz des Videostreaming sei im Vergleich zur Übertragung „überraschend gering“.

Niedrigere Videoqualität spart Daten

„Im Vergleich zu vielen modellbasierten Studien basiert unsere Berechnungsmethode auf realen Daten aus einem Rechenzentrum“, erklärt Köhn das Vorgehen der UBA-Studie. Bislang sei das nur bei Videostreaming-Anbietern möglich gewesen, Ergebnisse sollen in den kommenden Wochen veröffentlicht werden. Auch zum Thema Videokonferenzen laufe eine Studie - hier müssten aber noch Daten erhoben werden. Generell könne man aber sagen: Um CO2 einzusparen sei es immer eine gute Idee, die Videoqualität herunterzustellen.

Doch trotz der Zahlen zum Energieverbrauch von Videostreaming: Klimafreundlicher als lange Anreisen sind die Konferenzen allemal. „Innerhalb von einem Radius von zehn Kilometern könnten vielleicht echte Treffen effizienter sein“, schätzt Köhn. Doch sobald längere Fahrten oder gar Flüge anstünden, habe die Videokonferenz vermutlich einen Vorteil.

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