„Genickbrecher“ für tapfere Hoffenheimer

Von Von Ulrike John, dpa
„Genickbrecher“ für tapfere Hoffenheimer

Hoffenheims Trainer Sebastian Hoeneß (l) diskutierte nach dem Spiel mit dem Schiedsrichtergespann um Daniel Siebert (M). Foto: Uwe Anspach/dpa

Sinsheim (dpa) - Die TSG Hoffenheim hat bis Weihnachten noch neun Pflichtspiele - und derzeit nicht besonders viele Spieler. Sportchef Alexander Rosen sieht bei den sieben aktuellen Corona-Fällen jedoch „Land in Sicht“. Sebastian Hoeneß ist eigentlich kein Freund brachialer Wortgewalt. Nach nervenaufreibenden Tagen in der Corona-Krise und dem bitteren Ende der Partie gegen den VfB Stuttgart brach es aber aus dem sonst so zurückhaltenden Trainer der TSG 1899 Hoffenheim heraus.

„Dieses ganz kuriose Tor kurz vor Schluss ist ein brutaler Genickbrecher für uns“, sagte der 38-Jährige ins Sky-Mikrofon. Und dennoch: Seine Mannschaft, der gleich sieben Profis mit dem Virus im Duell gegen den Landesrivalen fehlten, gab in der Fußball-Bundesliga ein bemerkenswertes Lebenszeichen.

Nach einigen Minuten der Besinnung sprach Hoeneß in der Pressekonferenz dann auch von einer „super Reaktion“ seines Teams nach der Pause. Die Kraichgauer sind zwar im sechsten Spiel hintereinander ohne Sieg und dümpeln im Mittelfeld der Tabelle, doch das 3:3 (1:2) wird ihnen lange in Erinnerung bleiben. Erst in der Nachspielzeit musste die TSG den Sieg noch hergeben.

Marc Oliver Kempf (90.+3) traf da gegen ersatzgeschwächte Hoffenheimer, die in der ersten Halbzeit viel hinterher hetzten. „93.! Was eigentlich noch alles?“ Das, so Sportchef Alexander Rosen später im ZDF-„Sportstudio“, habe er in dem Moment gedacht. „Die Umstände sind kaum in Worte zu fassen“, erklärte er nach zahlreichen Krisensitzungen rund ums Trainingszentrum Zuzenhausen.

Die Mannschaft und der Betreuerstab hatten sich, nachdem ein Corona-Fall nach dem anderen bekannt wurde, für sechs Tage in eine freiwillige häusliche Isolation begeben und nahmen erst vergangenen Montag das Training wieder auf. Die nächste Herausforderung wartet bereits am Donnerstag in der Europa League. Dort gewann Hoffenheim bisher alle drei Spiele, muss aber nun bei Slovan Liberec im von der Pandemie besonders betroffenen Tschechien antreten.

Massive Bedenken hat Rosen offenbar nicht. „Ich sehe die Europa-League-Spiele etwas anders als die Länderspiele, wir gehen da als eine Blase nach Liberec“, betonte der Manager. Wann die positiv getesteten Profis wieder aus der Quarantäne dürfen? „Das ist noch nicht absehbar, das ist relativ komplex“, erklärte Rosen, und hänge von den Testergebnissen ab. Aber: „Es ist Land in Sicht.“

Gegen den VfB brachte Christoph Baumgartner die Hoffenheimer im leeren Sinsheimer Stadion zunächst sogar in Führung (16.). Der später verletzte Argentinier Nicolás González (18.) und Silas Wamangituka (27.) trafen für die Schwaben, ehe Ryan Sessegnon (48.) ausglich. Und dann erzielte - ausgerechnet - Andrej Kramaric per Foulelfmeter das 3:2 (71.). Die Beobachter vor dem Fernsehen sahen wohl schon die - wenn auch etwas schiefe - Schlagzeile vor sich: „Kramaric schießt Hoffenheim aus der Corona-Krise.“

Der kroatische WM-Zweite gab sein Comeback, nachdem er wegen eines positiven Tests Mitte Oktober gleich sieben Pflichtspiele gefehlt hatte. Es war sein siebter Treffer im vierten Liga-Spiel dieser Saison - aber noch nicht das Ende eines atemraubenden Spiels. „Hoffenheim hat extrem Druck aufgebaut, wir sollten mit dem Punkt zufrieden sein“, sagte VfB-Coach Pellegrino Matarazzo.

Hoffenheim war mit seinem Antrag, das Spiel wenigstens auf Sonntag zu verschieben, bei der Deutschen Fußball Liga gescheitert. Die notwendigen 15 Spieler brachte Hoeneß noch gut zusammen. „Die Bank der TSG haben wir auch vollbekommen“, verkündete Stadionsprecher Mike Diehl bei der Verlesung der Aufstellung.