Neue Strategie zur Olympia-Bewerbung: „Vom Warum zum Wow“

Neue Strategie zur Olympia-Bewerbung: „Vom Warum zum Wow“

Der DOSB will unter der Regie von Präsident Thomas Weikert eine deutsche Olympia-Bewerbung wieder in Angriff nehmen. Foto: Tom Weller/dpa

Frankfurt/Main (dpa) - Nach sechs erfolglosen Olympia-Anläufen in 30 Jahren hat der DOSB eine komplett andere Strategie entwickelt und will die Führungsrolle übernehmen.

„Grundlage für das Wie, Wo und Wann wird dieses Mal jedoch das Warum bilden“, erklärte Stefan Brause, Leiter des Exekutivbüros des Deutschen Olympischen Sportbundes. Im Grobkonzept wird es so auf den Punkt gebracht: „Vom Warum zum Wow.“

Zunächst will der DOSB die Hausaufgaben im eigenen Land erledigen. Deshalb soll im nächsten Jahr erst einmal „intensiv, transparent und partizipativ“ die Frage beantwortet werden, „warum der Sport, die Politik und vor allem die Gesellschaft Olympia und Paralympics wollen - oder warum nicht“, betonte Brause. Für diesen Schritt soll die Mitgliederversammlung des DOSB am Samstag in Baden-Baden ihre Zustimmung geben. Erst Ende 2023 soll der Konvent entscheiden, ob, für welches Jahr, mit welchen Städten und unter welchen Bedingungen sich Deutschland bewirbt.

„Bevor wir uns in den intensiven Dialog mit dem Internationalen Olympischen Komitee begeben, streben wir in Deutschland ein verbindliches, juristisches Plebiszit der Bevölkerung an. Denn eines ist klar: Ohne ein erfolgreiches Heimspiel wird es kein Auswärtsspiel geben“, argumentierte Brause. Bis Februar 2023 soll eine Stabsstelle mit vier Mitarbeitern die inhaltliche und organisatorische Planung übernehmen. Die Kosten für die einjährigen vorbereitenden Maßnahmen von rund 960.000 Euro werden vom DOSB getragen.

Der Dachverband geht nicht nur bei der Finanzierung voran, sondern will im ganzen olympischen Prozess die Führung übernehmen. Bislang haben sich immer Städte beim DOSB beworben - und sind gegeneinander angetreten. Diesmal läuft es andersherum: Der DOSB spricht die relevanten Orte an.

Mit Hamburg, München und Nordrhein-Westfalen (Rhein-Ruhr-Initiative) wurde bereits gesprochen, mit Berlin ist ein Gespräch vereinbart. Brause: „Gemeinsam mit allen Interessenten entwickeln wir dann im kommenden Jahr unterschiedliche Szenarien, wie, wo und wann die Spiele stattfinden könnten.“

Da auf Nachhaltigkeit und die hundertprozentige Nutzung vorhandener Sportstätten gesetzt wird, kann keine Stadt in Deutschland allein Olympia-Gastgeber werden. Außerdem braucht es dazu ein Olympiastadion, womit Berlin und München in der Pole-Position wären, sowie Hamburg eine aussichtsreiche Partnerstadt sein könnte. Bei einer Kombination Berlin und Hamburg wäre die geografische Nähe von knapp 300 Kilometern ein Vorteil, die Distanz von der Hauptstadt nach München ist doppelt so lang.

Olympische Deutschland-Spiele mit zahlreichen Austragungsorten für Kernsportarten wird es nicht geben - abgesehen von Segeln in Kiel oder Warnemünde sowie von weiteren Arenen für Ballsportarten. Ein dezentrales Konzept hätte beim IOC für den Sommer keine Chance. Dass es eine Bewerbung für eine Winter-Ausgabe (2034 oder 2038) werden könnte, ist eher unwahrscheinlich. Im Fokus dürften die Sommerspiele 2036 und 2040 stehen.

Als Lehre aus den am Bürgerwillen gescheiterten Olympia-Versuchen von München (für 2022) und Hamburg (2024) soll es eine breite gesellschaftliche Debatte geben. Dafür sind acht bis zehn sogenannter Debattencamps vorgesehen, um die Begeisterung für die olympische Idee in Deutschland wieder zu steigern und über Vorbehalte der Bevölkerung zu sprechen.

„Ich bin überzeugt, das klappt, wenn wir die anstehenden Prozesse maximal transparent und partizipativ gestalten“, sagte DOSB-Präsident Thomas Weikert. In Gesprächen mit Vereinen, Politik und Wirtschaft habe er gespürt, „dass alle heiß auf Olympische und Paralympische Spiele in Deutschland“ seien.

Ein Bürgerentscheid über eine Olympia-Bewerbung ist nach dem DOSB-Fahrplan für Anfang September 2024 geplant - kurz nach der Fußball-EM in Deutschland sowie den Olympischen Spielen in Paris und verbunden mit der Hoffnung auf einen positiven Effekt auf das Votum. Das IOC wird wohl erst 2025 über die Olympia-Vergaben für 2034 (Winter) und 2036 (Sommer) entscheiden.

„Ziel des DOSB ist es, dass der Sport in Deutschland am Ende des Prozesses, unabhängig von der finalen Entscheidung der Bevölkerung oder des IOC, in wichtigen Bereichen besser aufgestellt ist“, betont Brause. „Wir wollen wichtige Projekte und Prozesse durch, aber nicht allein für die Bewerbung weiterentwickeln und optimieren.“

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